Ganz zu Anfang bekannte Frank Niehusmann, dass er von selbst nie darauf gekommen wäre, Martin „Ludi“ Ettrich
(Party Popes, Almost Three, Birth Control) zum Start auf die Bühne des Glückauf-Kinos zu bitten. Er habe ja schon
zusammen mit ihm im Sandkasten gespielt! Das war zwar nicht gerade eine
einleuchtende Begründung, aber das Bild ließ mich den Abend nicht mehr los.
Die zusammengewürfelte
Rü2-Musikband brachte im Wesentlichen zwei Sachen zu Gehör: 1.) eine Pink
Floyd-artige Wall of Sound aus Akkordeon und Trompete sowie 2.) ein hektisches
Dudeldidudeldidi von Trompete oder Akkordeon, gefolgt von mehreren
Zufalls-Tsintummbummknarz-Samples, die Niehusmann mit einem aufgeregten „Herr
Lehrer! Ich weiß was!“-Hüpfer am Drumpad anschlug. Und wieder von vorne, minutenlang. Fehlte noch, dass jemand
„Hurz!“ rief. Rummatschen im Sand, mit Förmchen spielen.
Gast Ettrich, als exzellenter Rock-,
Blues und Funkgitarrist in diese Kakophonie geworfen, schien sich zunächst
hinter seinem hilflosen Lächeln und mit ein paar zaghaft angespielten Tönen zu
fragen, auf was er sich da eingelassen hat. Und auf wen. Aber dann fing Ettrich an, mit durchgehenden Funkriffs dem Durcheinander ein Fundament zu bereiten. Plötzlich passte alles zusammen. Manchmal jedenfalls. Am Ende kam sogar noch so etwas wie ein musikalisches Frage- und Antwortspiel mit lustigen Sprachsamples zustande.
Bevor die Rü2-Band Ettrich assimilierte, durfte der erstmal Solo ran. Obwohl: Mit Loopeffekten trat er vorwiegend mit sich selbst im Duett auf. Die live gespielten und dabei abgespeicherten Riffs wiederholten sich unendlich und dienten als Begleitung für die Soli, die sich fulminant jaulend ins Kreischen hineinsteigerten. Was für eine Wucht!
Man soll aufhören, wenn's am besten ist - diese alte Weisheit ignorierte Ludi offenbar in der berechtigten Hoffnung, ein Instrumentenwechsel würde seine Vielsaitigkeit unterstreichen. Er griff zur Saz. Als er an der elektrisch verstärkten türkischen Laute den Verzerrer hinzuschaltete (er ist eben ein Rocker), war's aus: Ludi verschmolz mit seinen Effekten, wurde selbst zum Loop. Immer, immer, immer wieder spielte er die selbe Tonfolge. Wie aufhören? Wie enden? Jetzt noch steigern? Ettrich wählte die Notbremse: zwei Takte von Led Zeppelins "Kahmir". Und Schluss. Einfach so. Das war groß. Und weise. Schluss machen, wenn's nicht mehr geht.