Mittwoch, 27. November 2013

Neuenthüllungen als Rettungsruf

Sie leuchten übers Meer, lotsen an Riffen vorbei und werden in den Untiefen der Kulturpolitik des Ruhrgebietes gerne als Begründung dafür benutzt, warum dort am liebsten Geld in Großprojekte fließt: Leuchttürme. Mit ihrer überregional wirksamen Ausstrahlung sollen die „Leuchtturmprojekte“ in die herbeibeschworene „Metropole Ruhr“ locken und „neue Bilder“ vom Ruhrgebiet erzeugen. Dabei reift im Schatten von Triennale, Emscherkunst & Co. den Städten bei ihrer Kunst im öffentlichen Raum die Erkenntnis: Das Alte ist tot, es lebe das Neue. Es ist ja auch so viel mühseliger, geradezu langweilig, sich um die Hinterlassenschaften vorhergehender Künstler- und Kuratorengenerationen zu kümmern! Statt vollmöblierter Plätze werden im Ruhrgebiet deshalb übrigens zunehmend vor allem temporäre Kunstwerke geschätzt. Das geht offenbar auch nachträglich: In Mülheim an der Ruhr lässt man derzeit Skulpturen und Plastiken im öffentlichen Raum derart vergammeln, dass sie von sich aus das Zeitliche segnen. Für die Pflege gibt keinen Etat, und das ist symptomatisch für das ganze Ruhrgebiet. Doch es gibt Hoffnung: Mit ihrer Reihe „Neuenthüllungen“ machen die 20 als „Ruhrkunstmuseen“ zusammengeschlossenen und selbst chronisch unterfinanzierten Kunstmuseen des Ruhrgebiets auf die zahlreichen Schätze im öffentlichen Raum aufmerksam. Das Projekt ist als Rettungsruf zu verstehen. Doch die Signalraketen werden schnell verglühen, während die Leuchttürme immer weiter leuchten, und sei es am Ende nur um ihrer selbst willen. TANKRED STACHELHAUS (Informationsdienst KUNST, 21. November 2013)